- Dorn
- 1. An den Dornen bleibt viel Wolle hängen.2. Auch unter Dornen wachsen Rosen.It.: Anco tra le spine nascono le rose. (Bohn I, 72.) – Il fiore tra le spine spicca et odora. (Pazzaglia, 124, 6.)Lat.: Rosa etiam inter vepres. (Gaal, 300.)Poln.: Czasem tez i miedzypokrzywami lilia rosnie.3. Auss Dornen wachsen Rosen. – Lehmann, 172, 60.Lat.: Quum pusilla est spina bona videtur. (Eiselein, 123.)4 Dass die Dornen werden geacht, das haben allein die Rosen gemacht. – Henisch, 735; Lehmann, 262, 19; Eiselein, 123; Simrock, 1670.5. Der Dorn kratzt das Pferd nicht.Der Ton ist hier auf der. Von daher ist nichts zu fürchten; der ist viel zu ohnmächtig, ungeschickt u.s.w., um mir etwas anzuhaben.6. Der Dorn spitzt sich in der Jugend.7. Der Dorn sticht, ein Degen durchbohrt. – Eiselein, 123; Simrock, 1674.Lat.: Arista pungit, mucro ferri perforat. (Eiselein, 123.)8. Die Dornen stechen sich wol, aber sie halten doch zusammen.So sind auch schlechte Leute oft eins für ihre Zwecke, wenn sie sich auch zuweilen ausschelten. Pack schlägt sich, Pack verträgt sich.9. Die Dornen wachsen eher als die Rosen.10. Dorn schützen Rosen. – Petri, II, 154.11. Dorn vnd Distel stechen sehr, falsche Zungen noch viel mehr. – Lehmann, II, 86, 184; Pauli, Postilla, 97a; Gruter, III, 22; Simrock, 1672.12. Dörnen lassen das Stechen nit. – Lehmann, 97, 9.13. Dornen ohne Rosen pflückt nur der Blinde.Und wol auch dieser kaum, denn Blinde haben ein feines Gefühl; also wol nur der Thor.14. Dornen schützen den Baum.Die Chinesen sagen: Um ihn zu schützen, legt man Dornen um den Baum, legt man sie aber zu fest an, so verletzen sie seine Rinde. (Reinsberg III, 139.)15. Dörner kommen vor den Rosen und der Charfreitag vor Ostern. – Mayer, II, 158.16. Ein Dorn hat eine feine Spitze, aber den sie sticht, der fühlt sie wohl.17. Ein Dorn macht keine Hecke.18. Fürchte nicht der Dornen Stechen, willst du schöne Rosen brechen. – Simrock, 1671.19. Lieber in Dorn vnd Distel baden, dann mit falschen Zungen seyn beladen. – Lehmann, II, 86, 184; 434, 76; Pauli, Postilla, 97a; Simrock, 1673.20. Man muss Dornen Dornen sein lassen.21. Mancher ist einem (im Leben) ein Dorn im Auge, könte er jhn nach dem Todt mit den Nägeln wieder ausgraben, er wird es nicht sparen. – Lehmann, II, 410, 46; Sailer, 80; Gruter, III, 68.Von Veränderung der Ansichten.22. Mit dem Dorn (den man ausreisst) wird auch der Kohl verletzt. – Tendlau, 827.Folgen schlimmer Gesellschaft. Mitgegangen, mitgefangen u.s.w.23. Ohne Dornen keine Rosen.Nichts ohne Mühe. Kein Gut ohne Anstrengung.Frz.: Il n'y a point de roses sans épines. – L'épine tient à la rose.24. So viel Dorn ein Rosenstock, so viel Haar' ein Ziegenbock, so viel Flöh' ein Pudelhund, so viel Lug in Pfaffenmund.25. Unter den Dornen gehe nicht barfuss!26. Unter Dornen wachsen Rosen. – Eiselein, 123; Simrock, 1669; Reinsberg II, 134.27. Vnter den dörnen leg schuh an. – Henisch, 733; Lehmann, II, 792, 113; Simrock, 1677.28. Von Dornen liest man keine Trauben. – Lehmann, 100, 61; Körte, 932; Simrock, 1675; Reinsberg II, 59.29. Was ein Dorn werden will, muss die Spitze in die Höhe kehren. – Winckler, XVII, 38.30. Was zum Dorn werden will, spitzt sich (sticht) früh. (S. ⇨ Nessel.) – Lehmann, 541, 70; Simrock, 1676; Struve, II, 15; Boebel, 146;Reinsberg II, 61.Engl.: It early pricks, that will be a thorn. (Gaal, 299.)Frz.: Le vrai talent ne tarde pas à percer. – L'épine en naissant va la pointe devant. – On voit déjà où l'épine veut poindre. (Bohn I, 33.)Holl.: Het moet vroeg steken, dat een goede doorn zal worden. (Harrebomée, I, 148.)It.: Se sarà rosa, fiorirà, s'ella ha spina pugnerà.Lat.: Protinus adparet, quae fructum planta datura est. (Philippi, II, 112.)Ung.: Minden botnak végén a feje.31. Wenn der Dorn klein ist, so scheint er gut zu sein. – Henisch, 736.Die Kindheit ist stets liebenswürdig, wie selbst ein Dorn unschädlich ist, bis er durch das Alter hart geworden.32. Wenn die Dornen weggeräumt, kann jedes Kind die Rose brechen.33. Wer auf Dornen gehen muss, der ziehe starke Schuh an. – Henisch, 736.34. Wer aus Dornen geht mit Hast, zersticht sich fast.35. Wer Dornen säet, kann keine Trauben ernten.36. Wer Dornen säet, kann (muss) nicht barfuss gehen.Frz.: Qui sème éspine n'aille deschaux (dechaussé). (Leroux, I, 58.)Holl.: Die barrevoets gaat, moet geene doornen zaaijen. (Harrebomée, I, 148.)It.: Chi semina spine, non vada scalzo. (Pazzaglia, 328, 2.)37. Wer Dornen säet, kann nur Mühe und Verdruss ernten.38. Wer Dornen säet, wird Disteln ernten.Der Perser sagt: Wenn du Dornen säest, kannst du nicht Jasmin schneiden. (Reinsberg III, 54.)Holl.: Die doornen zaait, moet distels lezen. (Harrebomée, I, 138.)39. Wer durch Dornen geht, muss Schuhe tragen.40. Wer durch Dornen geht, wird verwundet.Holl.: Als men door een doornenbosch gaat, wordt men door meer dan éénen doorn gestoken. (Harrebomée, I, 147.)41. Wer ein Dorn auss eines andern fuss zeucht, vnd steckt jhn in seinen, der ist ein Narr. – Henisch, 736.42. Wer einen Dorn aus fremder Wunde zieht, sei auf der Hut, sich selbst zu ritzen. (Böhm.)43. Wer einen Dorn im Fusse hat, hinkt.Holl.: Die een' doorn in den voet heeft, mag niet dan pijnlijk treden. (Harrebomée, I, 148.)44. Wer in Dornen greift, sticht sich.45. Wer in Dornen steckt, muss langsam herausgehen.46. Wer in Dornen tritt, dem vergeht das Lachen wol.Holl.: Die in een doorn treedt, vergeet het lagchen wel. (Harrebomée, I, 148.)47. Wer sich fürcht für den Dornen, der kombt nicht in den Busch. (S. ⇨ Staude.) – Henisch, 736; Reinsberg III, 99.Engl.: He that's afraid of leaves, must not come in a wood.48. Wer sich vor den Dornen fürchtet, bekommt keine Rosen.49. Wer unter Dornen fällt, der wird zerkratzt.50. Wer vnter den dornen wandert, der wirt wund. – Henisch, 736.Holl.: Och och, ic woon onder die dorne. (Tunn., 21, 17.)Lat.: Versor in tribulis spinis multisque coactor. (Fallersleben, 592.)51. Wer vom Dorn spricht, denkt auch leicht an die Schlehen.52. Wer zwischen Dornen tanzt, muss gern tanzen. – Reinsberg III, 95.Vorausgesetzt, dass ihm nicht zu einem Tanz dort aufgespielt wird. Die Leidenschaft ist übrigens blind für Gefahren, die rechts und links drohen. Diese blinde Leidenschaft lässt der Engländer im Sprichwort des Roastbeefs wegen den Spiess ablecken, ihr Brot an Wolle reiben, und der Holländer es in die Gosse tauchen. (Reinsberg III, 96.)53. Wo ein Dorn hervorkommen will, sieht man (bald) früh.*54. Auf Dornen gehen (sitzen).Stets Hindernissen begegnen, mit Schwierigkeiten zu kämpfen haben.Frz.: Il est (marche) sur des épines. (Lendroy, 679 u. 688; Kritzinger, 282.)55. Einem den Dorn in den Fuss stossen. – Zeytbuch, II, CLIb.Die Schuld auf ihn schieben.*56. Einem ein Dorn im Auge sein. – Eiselein, 123.So ungern von ihm gesehen werden, wie man einen Splitter im Auge hat.*57. Einem einen Dorn ins Auge jagen.*58. Einen Dorn aus seinen Füssen ziehen vnd jhn in eines andern Fuss stechen. – Mathesy, II, 194b.*59. Ennen Dôrn en de Fût hebben. (Meurs.) – Firmenich, I, 400, 24.*60. Er hat einen Dorn im Fuss.Der Unbeständige, Wetterwendische.Holl.: Dat is hem een doorn in het vleesch. (Harrebomée, I, 148.)*61 Er hat sich einen grossen Dorn aus dem Fusse gezogen.So sagt man, wenn sich jemand aus einer argen Verlegenheit, aus einem schlimmen Handel gezogen oder sich einen lästigen Gegner vom Halse geschafft hat.Frz.: Il s'est tiré une grande épine du pied.(Leroux, I, 44; Lendroy, 680.)Holl.: Dat is hem een doorn uit den voet. (Harrebomée, I, 148.)*62. Er is mir e Dorn im Aag. – Tendlau, 365.So unerträglich, schmerzhaft, widerwärtig.Holl.: Hij is hem een doorn in het oog (vleesch). (Harrebomée, I, 148; II, 388.)Lat.: Stimulus tibi sum. (Plautus.) (Binder II, 3206; Philippi, II, 200.)*63. Er ist der Dornen los.Von einer verbesserten Lage. Von den Feldern her genommen, die nach Ausrottung der Dornen fruchtbar werden.*64. Er ist über Dornen gegangen, um auf Disteln auszuruhen.Von einem kummervollen Leben, dessen Abend statt Ruhe und Erquickung nur Schmerz und Widerwärtigkeit bietet.*65. Es ist mir ein Dorn im Wege.Frz.: C'est une épine au pié. (Kritzinger, 282.)*66. Sie ist in einen Dorn getreten, wie die Magd, der der Bauch davon geschwoll. – Fischart, Prakt.[Zusätze und Ergänzungen]67. Aus den Dornen heraus, habe ich Brot im Haus.Die alten Griechen sagten: Dem Schlechten bin ich entgangen, das Bessere hab' ich empfangen. Bei den Hochzeitsfesten in Athen war es Sitte, einen Knaben mit Dornen und Eichenlaub zu bekränzen und ihm einen Korb voll Brot zu geben, worauf er dann in der Gesellschaft herumging und die obigen Worte sprach, alles zur Erinnerung an jene alte, rohe Zeit, in der die Menschen noch in der Wildheit lebten, die Gaben der Ceres nicht kannten und sich noch von Eicheln nährten. (Morgenblatt, Stuttgart 1820.)68. Ein kleiner Dorn kann machen, dass ein grosser Mann hinkt.69. Ein schlechter Dorn wird nie zu einem guten, wenn er auch von Rom geschickt wird (kommt).Im Polnischen ein Wortspiel: »Malaspina nunquam erit bona spina, licet mittatur de Roma.« (Kijew, 38.) Malaspina (= schlechter Dorn) war in den Jahren 1593-96 apostolischer Nuntius in Polen. Er scheint, da die Polen diesen Scherz machten, nicht beliebt gewesen zu sein.70. Man muss den Dorn zertreten, so lange man Schuhe am Fusse hat. – Gerson, II, 80.71. So du ein Dorn magst leiden nicht in eines andern gesicht, so soltu dich zuuor befleissen den balken auss deim aug zu reissen. – Loci comm., 68.Lat.: Qui uult alterius oculorum tergere labem, de proprio citius eruat ipse trabem.72. Wer auf spitze Dornen fellt, der wird davon verkrazt vnnd zerrissen. – Lehmann, 736, 3.73. Wer zieht den Dorn aus fremder Wunde, schau, dass er sich nicht selbst verwunde. – Wenzig, 82.74. Wozu soll ich den Dorn aus einem fremden Fusse ziehn und ihn in meinen stechen.Lat.: Cur mihi dum sentes alieno calce manentes. (Reuterdahl, 178.)Schwed.: Hwi skal jak taka thorn w annars footh ok svetia i min. (Reuterdahl, 178.)75. Zeuch den Dorn aus deinem Fuss und schlag ihn einem andern ein. – Lehmann, 720, 49.*76. Aber ach, ich wohne unter den Dornen!Unter Dornen wohnen bezeichnet, wie unter Dornen sitzen, Trübsal leiden. (Vgl. Grimm, Wb. II, 1292.) – Bei Tunnicius (858): Och och, ik wone under den dôrnen. (In spinis versor, vepres mea corpora laedunt.)*77. Eim Dörner in den Weg streuen. – Hans Sachs, CCXXXX, 2.
Deutsches Sprichwörter-Lexikon . 2015.